Donnerstag, 1. August 2019

Mettwurst

Bild/Text:  Monographie Fluegeldoktor, Erinnerungen an ein bewegtes Fliegerleben
Es war in Karlsruhe. Schon in angemessener Entfernung von der Luftverkehrs-Kontrollzone, deren Frequenz ich gerade gerastet hatte, und nach dem initial call zum Tower machte der Lautsprecher nur noch krächzende Geräusche. Ein zweiter Versuch über mein Headset machte eindeutig klar, daß irgendwas mit der electrical power am abrauchen ist. Egal, ich setze nochmal „transmitting blind" meine Absicht in Karlsruhe zu landen ab. Ob die mich hören, weiß ich nicht. Also „landing light on" - ist vielleicht eine gute Idee.
Nee, leider nicht. Electrical power fatal failure.
Ok.
Das hand held GPS läuft weiter auf Akku. Field in sight. No problem.
Mit hydraulischen Landeklappen und einem manuellen Fahrwerk war ich in keiner wirklich beunruhigenden Situation. Ich guck raus, bin anscheinend alleine im Endanflug.
Na dann.
Der Motor lief ohne Probleme auch im Leerlauf - dank Magnetzündung eben.
Ich liebe dieses „Fail Safe" Prinzip.
Ich rolle einfach zum Turm hin, spart mir einen längeren Fußmarsch und wohin ich soll kann ich schließlich nicht raten.
Einmal engine shut down und alles andere müssen wir mit dem luftfahrttechnischen Betrieb vor Ort klären.
Soviel Vorgeschichte. Jedenfalls war mein unfreiwilliger längerer Aufenthalt in Karlsruhe erst mal gesichert.
Und dann die Begegnung: Ich steige die Stufen zum Tower hoch und treffe auf einen jungen Mann, der im lockeren Gespräch mit dem Flight Control Officer mich mit einem seitlich gerichteten Blick mustert. Auch ich habe ein Gefühl, den schlaksigen Kerl kenn ich - nur fällt es mir nicht ein woher. Bei ihm rattert anscheinend auch der interne Suchlauf.
Er trägt eine schwarze Lederjacke mit Schulterklappen und dezenten 'Pilot in Command Steifen', weißes Hemd mit Schlips, blaue Leinenhose.
Dann haben wir beide, fast gleichzeitig die 'Erleuchtung':
Er sagt: WONG, bist du es?
Und ich: METTWURST?!
Genau. Beide treffen ins Schwarze.
WONG ist mein Alias unter Fliegern und METTWURST kenne ich von Segelflugwettbewerben in der Lüneburger Heide. Das ist schon einige Jahre her. Inzwischen hat er die Berufspilotenlizenz und fliegt für Luigi Colani, kein Unbekannter für mich.
Er scheint mit dem Stardesigner als Arbeitgeber das große Los gezogen zu haben, lebt in einem Schloss, im Gesindehaus des elitären Chateaus, pilotiert und chauffiert den Meister und seine Gespielinnen und ist auch sonst für allerlei Dienstbarkeiten eingesetzt.
Nachdem wir uns gegenseitig die Flugzeuge mit einem Fingerzeig vorstellen, Mettwurst deutet auf die Zweimotorige da unten und ich auf die ölverschmierte und leicht vergammelte M20C, die unser Freund und Fan des Oldtimer-Luftsports mit der Rolle blau angemalt hat, aber nicht vorher entfettet hat.
Eine Begegnung wie ich sie liebe und unvergesslich bleibt, zumal ich Lutze noch aus West-Berliner Zeiten kenne, als er noch nicht seinen Künstlernamen vor sich her trug und in Moabit in den Kneipen abhing, wo er aufgewachsen ist.


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