Freitag, 25. Februar 2022

Fahrschule 1964 (aus: „When once you have tested flight…“ Autobiografie)

Nose riding like a California Surfer 

„Wir fahren gleich in die Stadt“, meinte mein Fahrlehrer zu Beginn der ersten Fahrstunde. Er tat das mit dem selben verschmitzten Grinsen, mit dem er mich jede Woche zur Begrüßung im Theorieunterricht anstrahlte. Ich war schon seit Monaten dabei, kannte alle Fragen und wusste natürlich auch die richtigen Antworten. Wann werd’ ich endlich achtzehn? Die Fahrschüler wechselten nach jedem Kurs, ich blieb. Ich hatte jede Theoriestunde schon mindestens dreimal gehört. Aus Ungeduld. Mit siebzehneinhalb habe ich eine Nigel nagelneue Vespa T4 von meinen Eltern in Erwartung des achtzehnten Geburtstags erhalten. So blieb das Fahrrad im Stall und der kurze Weg ins Nachbardorf zum Theorieunterricht konnte ich schon mal als angehender Führerscheininhaber in Erwartung der bevorstehenden Legalisierung meines Tuns entsprechend angemessen mit meiner Vespa zurücklegen. „Aber zur Prüfung machst du vorher den Motor aus und schiebst dein Roller auf den Hof“, meinte mein Fahrlehrer, „wenn der Prüfer sieht, dass du ohne Führerschein zur Prüfung fährst, dann kannst du gleich wieder nach Hause gehen“.

Ich habe mein Schätzchen geschoben, die Prüfung endlich bestanden und konnte von nun an legal gegen die Heinkels und Lambrettas antreten. Mit großem Erfolg, versteht sich. Es war die Hochzeit der Mods und Rockers und man hat in Brighton schon mal gegenseitig die Fäuste spüren lassen. Mit der Vespa war ich den Mods verpflichtet. Nicht nur weil ich inzwischen einen dunkelblauen Anzug mit Weste besaß, in dem ich im Schultheater als Butler überzeugte, nein, ich stand auch ganz besonders auf Hosenbeine mit Schlag und trimmte das Haupthaar mit Brisk zur Elvis-Tolle mit Entenarsch. 

 

are you lonesome tonight͟’ und ‚love me tender͟’ und alle anderen gängigen Ohrwürmer von dem in der Pfalz stationierten (jaja Heidelberg, ist ja auch nicht so weit weg) GI (dschii-Ei) sind augenblicklich präsent... 

 

Garry J Whipple, my friend upstairs, ein Dschii-Ei und Military Police-Wachsoldat der Amis, der hatte nicht nur die perfekte Elvis Frisur, sondern auch eine echte Winchester im Schrank und eine 22 lang Halbautomatik am Gürtel, mit der er eine Cola Dose in unserem Hof vor dem Sandhaufen am Tanzen halten konnte. Nicht nur das: Seine beste Nummer war schließlich Lasso werfen. Ich war damals sehr gut zu Fuß, hatte aber keine Chance ihm zu entkommen. Bei jedem Versuch zu entkommen hatte er einen Fuß von mir in seiner Lasso-Schlinge und ich stürzte auf den weichen Waldboden. Und dann noch Lagerfeuer mit nassem Holz in Gang bekommen, unglaublich! Garry war halb Texaner und halb Mexikaner. Er bewachte mit seiner Hundestaffel die Atomwaffen im Pfälzer Wald, die es zu derzeit massenhaft gegeben hat. Ich habe durch ihn meine ersten Zigaretten bezogen, Lucky Strikes…

 

Damit nicht genug. Garry war Meister im Hypnotisieren. Auf einem Heimaturlaub in Texas lernte er ein sehr hübsches Mädel kennen, verliebte sich und heiratete sie. 10 Tage nachdem er von Frankfurt Rhein Main Airbase als Junggeselle nach Houston abgeflogen war, stand er wieder da, grinsend, verliebt, verheiratet. Und so lebten sie glücklich und zufrieden bis ans Ende ihrer Tage und wenn sie nicht gestorben sind, dann sind die beiden irgendwo auf der Welt, wo es aktuell US amerikanische Wirtschaftsinteressen gibt, die mit Colt-Imperialismus und mit aktuellen Waffendepots durchgesetzt werden und Hundeführer diese zu bewachen haben.

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